Milyon Hagos will Akademiehof in Ludwigsburg zur Partyzone machen
Der Verein Herzschlag der Jugend lebt die Hip-Hop-Kultur. Jetzt steht ein Workshop mit einem Hip-Hop-Gründervater an. Und der Akademiehof wird zur Partyzone.
Ludwigsburg. Milyon Hagos ist in Ludwigsburg geboren und aufgewachsen. Der 32-Jährige steht längst im Berufsleben. Doch die Identifikation mit seiner Heimatstadt will er an junge Menschen weitergeben, die heute in der Barockstadt aufwachsen. Zu diesem Zweck gründete er vor anderthalb Jahren, vor allem aus organisatorischen Gründen, mit seinem Bruder Fidel den Verein Herzschlag der Jugend. Seine gesamte Familie steht hinter diesem ehrenamtlichen Projekt.
Gut vernetzt in der Szene
Bei seiner Arbeit mit jungen Menschen nutzt der 32-Jährige ein Vehikel: Hip-Hop. Er selbst ist Tänzer, unterrichtet unter anderem beim MTV Ludwigsburg, und verfügt über beste Kontakte in der weltweiten Hip-Hop-Szene. Schon seit Jahren organisiert er Tanzveranstaltungen und Workshops mit international renommierten Teilnehmern.
Workshop mit Buddha Stretch
Am kommenden Sonntag, 22. Juni, präsentiert er in Ludwigsburg mit Buddha Stretch ein Urgestein des Hip-Hop. Buddha Stretch hat diese heute globale Jugendkultur seit deren Anfängen in den New Yorker Ghettos in den 70er Jahren mitgeprägt, sein Status als einer der Gründerväter des Hip-Hop ist unbestritten. Unter anderem, weil er zu den Mitbegründern der legendären Hip-Hop-Crew „Elite Force“ gehörte. Schon in der 80er Jahren, als Hip-Hop noch der Geruch der Straße anhaftete, ließen Künstler wie Michael Jackson Choreografien von Buddha Stretch inszenieren, auch mit Will Smith oder Justin Timberlake hat er zusammengearbeitet.
Choreografien für Michael Jackson
Seine Stippvisite im Ländle ist einer seiner eher raren Auftritte in Deutschland – wer sich noch kurzentschlossen für den Workshop anmeldet, hat die seltene Gelegenheit, Unterricht bei einer lebenden Hip-Hop-Legende zu nehmen.
„Es gibt noch etwa 30 freie Plätze“, sagt Hagos. Zwei Stunden Unterricht kosten 50 Euro. Dass die Teilnehmer für einen großen Namen und eine Veranstaltung ohne Mehrwert zahlen, ist ausgeschlossen. Natürlich, der Zahn der Zeit nagt auch an Buddha Stretch. In tänzerischer Hinsicht aber ist der New Yorker auch Jahrzehnte nach dem Hip-Hop-Urknall voll auf der Höhe, versichert Hagos. Beispielsweise als gefragtes Jury-Mitglied von Tanz-Battles, vor allem im asiatischen Raum. „Im Hip-Hop habe sich vieles verändert, aber Buddha Stretch ist immer noch on top. Alleine, indem er von Hip-Hop erzählt, hebt er die Leute auf das nächste Level.“
LBC Summertime Open Air Funk Party
Unter dem Label „LBC Summertime“ organisiert Hagos Hip-Hop-Tanzwettbewerbe in den Stuttgarter Wagenhallen, vom 4. bis 10. August ist es wieder so weit. Auch in Ludwigsburg steigen dann Workshops und Partys. Am Mittwoch, 6. August, etwa legt Boogie G im Flint Hip-Hop und Funk auf. Und bereits im Vorfeld feiert Hagos mit einem für Ludwigsburg neuen Veranstaltungsformat Premiere: Am Freitag, 25. Juli, findet auf dem Akademiehof die „LBC Summertime Open Air Funk Party“ statt. Der Eintritt ist frei, der Akademiehof wird zur Partyzone.
DJs aus Frankfurt und Marseille
Für den DJ-Part sind Mofak aus Marseille und Frankfurt Funk aus der Mainmetropole zuständig. Frankfurt Funk ist in Ludwigsburg kein Unbekannter, Hagos hat ihn bereits im Flint präsentiert. Beide DJs sind Teil der in Los Angeles gegründeten Funk Freaks. Auch bei ihrem Set auf dem Akademiehof legen sie sogenannten P- und G-Funk auf. Diese an der US-amerikanischen Westküste entstandenen Musikstile markieren den Übergang vom Funk und Soul der 70er- zum Hip-Hop der 90er Jahre. Mofak stehe wie die Funk Freaks für einen Mix aus G- und P-Funk, so Hagos. Der DJ aus Marseille sei experimentierfreudig und arbeite mit ausgefallenen „Tall-Box“-Effekten.
Vor dem Turm der Theaterakademie wird aufgelegt
Das Duo wird ab 15 Uhr auf der Plattform vor dem Turm der Theaterakademie auflegen und das weitläufige Innenstadtareal im Duett bis zu später Stunde beschallen. „Uns war gleich klar, dass der Akademiehof der falsche Ort für einen Hip-Hop-Battle ist“, meint der Veranstalter. Deshalb hat er jetzt in Absprache mit der Stadtverwaltung und in Kooperation mit dem Flint – auch die Thilda-Bar ist am 25. Juli geöffnet – ein Konzept entwickelt, das in Ludwigsburg in dieser Form tatsächlich neu ist und auch Besucher von außerhalb interessieren dürfte. Zumindest, wenn sie Funk und Hip-Hop mögen. Hagos: „Es wird das erste Funk-Open-Air in Ludwigsburg.“
Zweiter Artikel vom 05.02.2025 (zusammengefasst)
Nicht alle jungen Leute wachsen wohlbehütet auf. Der Verein „Herzschlag der Jugend“ will Chancen aufzeigen, unabhängig von kultureller oder sozialer Herkunft.
Ludwigsburg. In Deutschland gibt es jede Menge Verordnungen und Verfügungen. Das stellte auch Milyon Hagos fest, als er Anfang 2024 den Verein „Herzschlag der Jugend“ gründete. Mitstreiter hatte Hagos an der Hand: Der Verein, mit dem er junge Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen wollte, erwies sich als Familienprojekt – sein Bruder Fidel, die Freundinnen der beiden Brüder, ihre Eltern und ein gemeinsamer Freund waren im Boot. „Es war ein langer Weg“, sagt Hagos. „Aber seit Juni 2024 sind wir im Vereinsregister eingetragen.“
Der Vorsitzende hat als Hip-Hop-Tänzer viele Kontakte
Nachdem die bürokratischen Hürden genommen waren, konnten sich die frischgebackenen Vereinsgründer ans Werk machen. Genauer: Jene Arbeit fortsetzen, die „Mastermind“ und Vorsitzender Milyon Hagos schon vor Jahren ohne Vereinsstrukturen begonnen hatte.
Als Hip-Hop-Tänzer verfügt er über gute Kontakte in der internationalen Szene. Das zeigte sich etwa 2022, als er auf dem Franck-Areal den Hip-Hop-Battle „LBC Summertime“ ausrichtete. Mit dem hochkarätig besetzten Wettkampf verortete er Ludwigsburg nebenbei auf der Weltkarte des Hip-Hop – damals waren Tänzer wie der Franzose Nelson am Start, seines Zeichens Weltmeister im Tanzstil Popping.
„Unser Ziel ist es, die Hip-Hop- und Popping-Kultur voranzubringen, starke Künstler nach Ludwigsburg zu holen und der Community etwas zurückzugeben“, sagt Fidel Hagos. „Wir lieben Hip-Hop und wollen in der Region mit hochkarätigen Tänzern, Workshops, Festivals und Events neue Impulse setzen.“
Kursleiter beim MTV Ludwigsburg
Seine Leidenschaft für den Tanz gibt Milyon Hagos auch beim MTV Ludwigsburg weiter, im offiziellen Vereinsprogramm bietet er Hip-Hop- und Popping-Tanzkurse für Fünf- bis Neunjährige. Ehrenamtlich bringt er sich beim städtischen Projekt Connect in der Villa BarRock ein, dienstags und donnerstags sucht er in der offenen Sprechstunde den Kontakt zu Flüchtlingen: junge Leute, zwischen 25 und 35 Jahre alt, aus ganz unterschiedlichen Ländern. Hagos ist gebürtiger Ludwigsburger, aber seine Eltern waren einst aus Eritrea nach Deutschland eingewandert – seine Familiengeschichte kann Türen öffnen.